Lampenrevolution

Anfang der 80er Jahre war Klimawandel nicht so mein Thema. Ich war in der Friedenspolitik aktiv: Pershing 2, NATO-Doppelbeschluss und so. Dafür gingen wir auf die Straße und diskutierten heftig wo immer wir auch uns befanden. Gegen Atomkraft war ich auch, aber nicht mit der freundlichen gelben Sonne. Meine Aufkleber auf den Motorradkoffern waren die große Friedenstaube und ein blauer Aufkleber mit dem Text: Stoppt die Atomindustrie – kämpft für das Leben! Es ist wohl das historische Verdienst der Grünen, die beiden Flügel der Friedensbewegung und der Ökologischen Bewegung zusammengebracht zu haben. Und so dachte ich auch langsam über Energiesparen und gesundes Essen und solche Themen nach. Diese Vorbemerkung soll euch darauf hinweisen, aus welcher Generation ich entstamme.

Nun zu meiner „Revolution“: Es muss 1987 gewesen sein, dass ich mir eine Energiesparlampe kaufte. Wir verdienten gut, und ich meinte, dass ich mit dem sorgsamen Umgang von Energie beginnen sollte. Die Lampe war so groß wie ein Volleyball und kostete ca 45,00 DM. Das war der 30fache Preis einer normalen 60W Birne. Der einzige Platz, wo diese Lampe hängen konnte, war unser Schlafzimmer. Nicht gerade der Ort, wo lange und viel Licht gebraucht wird. Und so rechnete ich mir (allerdings nur im Kopf, und somit sicherlich fehlerhaft) aus, wie lange es wohl brauchen würde, dass sich diese Lampe amortisiert haben würde. Ich kam zu dem niederschmetternden Ergebnis, dass sich diese Lampe vor ihrem natürlichen Ende wohl nicht amortisieren würde (ich rechnete mit ungefähr 30 Jahren). Deprimiert war ich darüber allerdings nicht: Irgendjemand musste ja beginnen, und das müssen Menschen sein, die es sich leisten können.

Bereits im folgenden Jahr kaufte ich mir die nächste Lampe. Sie war recht schwer und optisch erinnerte sie an eine Straßenlaterne, aber der Preis war gefallen. Sie kostete nur noch ca 20,00 DM. Flugs rechnete ich die beiden Energiesparer zusammen und die Amortisierungszeit verkürzte sich bereits erheblich. Ich kam auf vielleicht nur noch 15-20 Jahre. Die nächste Generation der E-Lampen war wieder billiger und leichter, und sah immer noch nicht so aus wie die herkömmlichen Lampen. 2 bogenförmige Röhren ragten aus der Fassung heraus. Aber der Plan wurde umgesetzt: Ab jetzt ersetzte ich defekte Lampen nur noch mit entsprechenden E-Lampen. Und ich begann mit der den Aufzeichnungen. Auf jede neue Lampe wurde das Einsetzungsdatum geschrieben und genauso in einem Büchlein festgehalten. Ab diesem Zeitpunkt ist das „Leben“ einer jeden Lampe genau dokumentiert, auch an welchem Ort sie wie lange gebrannt hat. Die letzte herkömmliche Glüh-Lampe wurde übrigens 2010 ausgewechselt (im Keller), da wartete schon eine neue E-Lampen-Generation, nämlich die LED-Lampe: Noch weniger Verbrauch, längere Leuchtzeiten und dazu noch umweltfreundlicher. Allerdings auch wieder teurer, die Preise für die (nun bereits) herkömmlichen E-Lampen waren ins bodenlose gefallen, ich wendete mich den LED-Lampen zu. Logisch.

Inzwischen gibt es Philipps Hue-Lampen: noch weniger Verbrauch, noch längere Lebensdauer und mit 2 Millionen Farben kann sie in praktisch jeder Farbe und Temperatur leuchten. Wieder kostet sie das 30-fache einer einfachen E-Lampe. Nun bin ich am Ende meines Projektes. Die neuen Lampen werden mich rechnerisch überleben.

P.S. Sollte ich mich nun an einem neuen Projekt versuchen? Wie ist es eigentlich mit der Mobilität? Ein E-Mobil kostet schließlich nur etwas das Doppelte von einem Auto mit Verbrennungsmotor? Naja, das überlasse ich doch wohl der nächsten Generation.

P.P.S. Einen Hybrid-Kleinwagen habe ich mir doch gekauft. Schon mal ein Anfang….

[Andreas Ramme, Frankfurt/Main]

4 Gedanken zu „Lampenrevolution“

  1. Ich finde diese Geschichte sehr ermutigend und sehr schön!
    Sie erweitert auf bescheidene Weise das so enge Verständnis einer Revolution, die ich mir immer möglichst laut und brutal vorgestellt habe. Aber gerade in dieser ungewöhnlichen, ja schiefen und herausfordernden Darstellung liegt was sehr Tiefes… Diese dicken Lampen fanden bestimmt nicht alle schön. Es gab sicherlich viele Argumente gegen diese Lampe, wie z.B. auch die Annahme, die Lampen gäben kein schönes Licht (hörte ich mal, was würdest du erwidern, Andreas?).

    1. Ja, da kann ich dir Recht geben! Die Gegenargumente in meinem Bekanntenkreis waren am Anfang (ja, bis hin zu der neuen Generation der LED-Lampen) vor allem ästethischer Natur. (Aber auch der Preis wurde genannt.) Hässlich, unpraktisch, auch das Licht wurde als zu kalt kritisiert. Das Licht war ja auch nicht sofort da, wie wir es von den Glühlampen gewohnt waren. Und das war auch richtig. Ich suchte auch geeignete und „schöne“ Fassungen für die Lampen. Das gelang nicht immer. Aber ich folge dem alten Prinzip des Bauhauses: form follows function. Heute ist das natürlich kein Problem mehr. Die LED-Technik bietet den Designern so vielfältige Möglichkeiten, die sie mit der veralteten niemals hatten.

  2. Mir scheint auch, es braucht einen langen Atem. Aber es beeindruckt ja so!
    Eine Evolution mit Weitblick.
    Hat auch was mit Verantwortung zu tun.
    Ich finde das schön…

  3. Heute haben wir bereits Mariä Lichtmeß und ich habe den Eindruck, mich mit dem Jahr eilen zu müssen. Jetzt zu den tollen Lampen im Schlafzimmer: Meine Gedanken sind ungebremst und bei der Frage des Einflusses dieser Lichtbälle auf Stimmungen und Handlungen. Nun ja, dann will ich das mal bleiben lassen und lieber sagen, dass ich mich für diese Geschichte bedanke, weil sie eine Mischung von Ernsthaftigkeit an sich hat, die auch zum Lachen bringt. Letzteres aber ist gesund, trägt also zur Nachhaltigkeit bei.
    Eben habe ich die Geschichte vorgelesen und unverzügliche andere Erfahrungen mit Lampen bis hin zur jetzt vorhandenen Globe-LED erzählt bekommen. Ich persönlich versuche, den Müll einigermaßen zuverlässig zu trennen. Ich habe auch eine kleine Sammlung museumsreifer Zweiräder, die ich allerdings selten bewege. Übrigens müssen sie nur aufgepumpt werden, daher nicht reif fürs Museum! Das ist schade.

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